Etwas milder gefragt: Darf man Kindern Verantwortung übertragen? Tja, das Thema “Verantwortung bzw. Risiko und Kinder” ist für viele Helikoptereltern vermutlich ein Paradoxon, also ein Widerspruch an sich.
DEFINITION “RISIKO”
Risiko bedeutet laut Duden: “Möglicher negativer Ausgang bei einer Unternehmung, mit dem Nachteile, Verlust, Schäden verbunden sind; mit einem Vorhaben, Unternehmen o. Ä. verbundenes Wagnis.” Ui, na das geht ja bei den heutigen Kindern gar nicht! Ist ja gleich alles viel zu gefährlich!

DAMALS UND HEUTE
Ich habe gerade in einer Zeitschrift des Alpenvereins Österreich mit dem Namen “Bergauf” folgendes gelesen: “Der 8-jährige George durfte 1919 in seiner Heimatstadt Scheffield rund 10 Kilometer allein zu Fuß zum Fischen gehen. Sein Sohn Jack, ging 1950 im selben Alter noch eineinhalb Kilometer, um im Wald zu spielen. Bei dessen Tochter Vicky war der Aktionsradius 19979 noch ein knapper Kilometer bis zum Schwimmbad. Ihr Sohn darf heute nicht einmal mehr ganz 300 Meter bis zum Ende der Straße allein gehen (Adenberger, M. 2018. Ein Hauch Gefahr darf sein: Wie Städte kinderfreundlich werden. Der Standard, 4. Oktober 2018).” Wie schräg ist das bitte? Überlegt mal kurz selbst, wohin ihr eure Kinder immer mit dem Auto chauffiert, obwohl sie eigentlich zu Fuß gehen könnten!

KIND VERKLAGT ELTERN
Ein anderes Extrem: Ich bin auf einen zum Heulen traurigen Zeitungsartikel (Salzburger Nachrichten, vom 17. Jänner 2019) gestoßen: “Wer werden diese Kinder sein?” betitelt Magdalena Miedel den Bericht über einen Film namens “Capernaum – Stadt der Hoffnung”. Die Regisseurin, Nadine Labaki war in den ärmsten und heruntergekommensten Gegenden der Welt unterwegs und traf auf Kinder, die innerlich leer waren. Auf die Frage, ob sie froh seien, am Leben zu sein verneinten 99% der Kinder mit folgender Begründung: “Ich will nicht leben. Warum hab ich auf die Welt kommen müssen, wenn ich nur gestraft werde, vergewaltigt, geschlagen, ausgenützt, ausgehungert und gefoltert? Ich habe doch nichts falsch gemacht!” So steht stellvertretend im Film der 12-jährige Zain vor dem Richter und klagt seine Eltern an, ihn zur Welt gebracht zu haben, obwohl sie ihn und auch seine Geschwister lebensbedrohlich vernachlässigt haben.

HEUTE IN ÖSTERREICH
Hingegen gibt es in Österreich gerade die Diskussion um Lehrer, Schüler und Eltern. Ein Vater hat einen Lehrer geklagt und ihn am Ende dazu gebracht, seinem Sohn anstatt eines GUT ein SEHR GUT zu geben. Scherz, oder? Nein! Leider nicht. Stellt man das Ganze in Relation zu den oben genannten Kindern, die nicht einmal mehr leben wollen, weil sie gefoltert, geschlagen und vernachlässigt werden, dann sollte man sich schon fragen: WAS IST VERKEHRT IN DIESER WELT?

VERWEICHLICHTE WEICHEIER
Wenn wir als Eltern und Großeltern so weitermachen, dann züchten wir uns lauter Weicheier heran, die gar nichts mehr alleine tun können. Dabei ist für mich oberstes Gebot der Kindererziehung: SELBSTSTÄNDIGKEIT – neben viel LIEBE. Mehr brauchen unsere Kinder doch gar nicht. Sie wollen anerkannt, respektiert und geliebt werden. Und dann macht es sie überaus stolz, wenn sie gewisse Dinge alleine bewältigen können – ohne Zutun eines Erwachsenen.

KLETTERN, KLETTERSTEIGE UND CO. – MUT ZUM RISIKO
Was hilft da besser als Kinder auf die Berge mitzunehmen. Dort treffen sie nicht nur auf die Natur, sondern auch auf gewisse Risiken: Gerade bei Klettersteigen sind die Kinder für sich selbst verantwortlich. Und genau das macht sie am Ende stark und gefestigt: Wenn sie etwas geschafft haben, wofür sie selbst geschuftet haben.
